Herta Müller in der Langmatt Man braucht Zeit, um die 140 Wort-Collagen in Postkartenformat aufzunehmen. Sie hängen im grossen Salon der Langmatt rundum an den Wänden. Lesend machen wir langsam die Runde und es zieht einen hinein in diese lyrische Erzählung unter dem Titel «Der Beamte sagte». Herta Müller berichtet in rhythmischen Kurztexten von den Befragungen, die sie nach Ihrer Ankunft in Westdeutschland 1987 im Auffanglager in Nürnberg über sich ergehen lassen musste. Man verdächtigte sie, eine Agentin der Securitate zu sein – eine gezielte Verleumdung aus dem rumänischen Banat, aus dem sie floh. Mit den aus verschiedensten Printmedien ausgeschnittenen Worten, ganz unterschiedlich in Schriftbild und Farbe und meist ergänzt durch ein wunderschönes kleines Bild oder einen Bildausschnitt, sind die Karten nicht nur literarische, sondern auch visuelle Kunstwerke. Einzelne Sätze lassen einem den Atem stocken, andere schweben leicht wie der oft erwähnte Schnee. Auch Figuren kommen immer wieder vor, so die stark geschminkte Dame mit dem russischen Akzent, das Zebra, der Silbervogel. Sehr, sehr beeindruckend! (bis 5. Dez. 2021)
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