Scarch heisst SCulpture und ARCHitektur und ist der Titel der genialen Ausstellung von Not Vital in der Kirche San Giorgio Maggiore. Umwerfend ist das vierte «House to Watch the Sunset», diesmal ein schimmernder Aluminiumturm. Die drei andern Houses haben exakt die gleichen Masse (13 x 3,40 x 3,40m) sind aber aus ganz andern Materialen und verteilt auf verschiedenen Kontinenten. In Niger aus Stroh und Dung, in Brasilien aus einheimischem Holz, in Tarasp aus Zement. Diese vierte Konstruktion aus Aluminium wird im November per Schiff von Italien nach Tonga im Süd Pazifik reisen. Die Reise nach Venedig lohnt sich schon dafür, sie in San Giorgio sehen zu können! Ein weiteres Kunsthighlight bietet Bruce Naumann im Punta della Dogana: Unter dem Titel „Contrapposto Studies“ sehen wir die z.T. alten, z.T. überarbeiteten Videos seines Schreitens im Atelier in unterschiedlichen Körperhaltungen und Schritten, begleitet auch von einer Liveperformance mit der wir die Bewegungen physisch sehen können. Und der von Tadao Ando für die Pinault Collection (innen) umgebaute riesige Gebäudekomplex an imposanter Lage ist ein wunderbares Museum.
Die von Peter Fischli kuratierte Ausstellung in der Fondazione Prada, selbstverständlich in einem prächtigen Palazzo, steht unter dem provokativen Titel "Stop Painting". Es ist eine vielseitige Schau von Werken zahlreicher Künstler*innen, die uns, thematisch gegliedert, durch die bewegte Geschichte der Malerei führt. Anregend – aber ganz so begeistert wie Gerhard Mack in der NZZ am Sonntag (30.05.21) waren wir dann doch nicht. In Venedig findet die verschobene Architekturbiennale statt. Wir haben sie das erste Mal besucht und waren verärgert bis begeistert. Der Ärger: Zu oft Einloggen in die WIFI-Netzwerke der Pavillons, zu viele QR Codes scannen um dann auf dem Handybildschirm Filmchen oder lange Texte zu sehen resp. zu lesen; wahrhaftig nicht das worauf man sich freut, wenn es endlich wieder möglich ist eine Ausstellung zu besuchen. Die Länderpavillons in den Giardini sind sehr unterschiedlich bespielt, Architektur ist (zum Glück) ein weites Feld. Die Skandinavier bauen in ihren schönen Pavillon eine häusliche Holzkonstruktion, die Dänen lassen Kräuter wachsen, servieren Tee und stellen bequeme Sofas auf Inseln zwischen Wasserläufen. Auch die Amerikaner bauen auf Holz, ein imposantes, begehbares Gerüst vor ihrem Pavillon. Aber (für uns Laiinnen) viel interessanter war der von Hashim Sarkis vom MIT kuratierte Teil im Arsenale, der unter dem Motto HOW WILL WE LIVE TOGETHER? steht. Da werden in grossen und teilweise grossartigen Konstruktionen Ideen zu unserer Zukunft entwickelt; soziale, politische, klimatische und bauliche Szenarien entworfen. Zürich zeigt eher pragmatisch, was es schon Zukunftweisendes hat: Das Hunziker Areal. Spannend auch die Ideen aus aller Welt, mit neuen und weniger Energie fressenden Materialen zu bauen, und immer wieder neue (und auch alte) Formen des Teilens von Raum und Natur. Sehr anregend! Und klar, Venedig ist immer wunderbar und mit wenig Touristen noch schöner… (alle Ausstellungen bis 21.11.2021)