FLUCHTNOVELLE von Thomas Strässle
Gastbeitrag von Elena Wilhelm
Thomas Strässle erzählt die bewegende und spektakuläre Fluchtgeschichte seiner Eltern, die sich in der DDR kennenlernen und trotz aller Hindernisse zusammenbleiben wollen. Sie, eine Kunsterziehungsstudentin aus Karls-Marx-Stadt (heute Chemnitz), er, ein Germanistikstudent aus der Ostschweiz, müssen die für sie geschlossene Staatsgrenzen überwinden, um ihre gemeinsame Liebe zu leben.
In Strässles Erzählung kollidiert das Private mit dem Politischen. Die Geschichte seiner Eltern steht stellvertretend für viele ähnliche Schicksale und dennoch ist sie in der Fluchtstrategie wohl einzigartig. Versetzt mit persönlichen Erinnerungen seiner Kindheit und Schilderungen seiner Recherchearbeiten (wobei er sich einmal selbst in die Bredouille bringt), erzählt Strässle von den Herausforderungen, Gefahren und der unglaublichen Entschlossenheit seines Vaters, der 1966 einen Plan schmiedet, um seine Freundin in die Schweiz zu bringen sowie von den Herausforderungen seiner Mutter, die ihre Mutter und Freund:innen klandestin verlässt und sich nach der Flucht in einem vollkommen fremden Land wiederfindet.
Die Fluchtnovelle ist auch ein Fluchtkrimi. Im letzten Moment droht die von langer Hand geplante Flucht zu scheitern. Es stockt einem der Atem. Strässle hat umfangreiches Material zusammengetragen: Rechtsgrundlagen, Stasi-Akten und er hat Gespräche mit seinen Eltern geführt, in die er sich als Dritter einbringt.
Immer wieder erinnere ich mich an meine Maturaliteratur: Der geteilte Himmel von Christa Wolf. Dort scheitert die Liebe zwischen Rita und Manfred an der Staatsgrenze. Und erst durch dieses Buch habe ich die Geschichte meines herausragenden Geschichts- und Philosophielehrers an der Kanti Wettingen kennengelernt: Urs Strässle, Thomas Strässles Vater. Danke!
Am besten in einem Zug durchlesen! Und sehr lohnenswert ist auch der Kulturplatz über die Fluchtnovelle