«Monster», «Smoke, Sauna, Sisterhood» und «Die Anhörung» Diese drei Filme sollte frau nicht verpassen, finde ich. «Monster» weil es schlicht ein Meisterwerk ist. Für das Drehbuch erhielt der Japaner Yuji Sakamoto in Cannes die goldene Palme, Regisseur Hirokazu Kore-eda hat es wunderbar umgesetzt. Es ist die Geschichte des Jungen Minato, seiner Mutter und seinem Lehrer. Minato verändert sich, zieht sich von der Mutter zurück, zweifelt an sich. Die Mutter meint zu merken, dass er in der Schule vom Lehrer drangsaliert, sogar misshandelt wird und versucht, zu intervenieren. Die Schulbesuche lassen uns Westeuopäer:innen staunen und schaudern. Das nur nebenbei. Dann dreht sich die Geschichte rückwärts, wird aus Sicht des Lehrers erzählt. Und schliesslich erleben wir mit, wie Minato sein Leben lebt und mit seinem Freund teilt. Das tönt jetzt viel einfacher als es gezeigt wird, die Rückblenden und scheinbaren Wiederholungen sind genial verwoben. Was mich danach am meisten beschäftigt: Sind die individuellen Wahrnehmungen von den gleichen Ereignissen manchmal so unterschiedlich, sind unsere eigenen Welten manchmal so weit weg von denen unserer Umgebung?
Und dann «Smoke, Sauna, Sisterhood», der estnische Dok über die Rauchsauna, die von der UNESCO ins Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Fast der ganze Film spielt in der kleinen Holzhütte, wo ein paar Frauen schwitzen, reden, lachen, weinen. Die nackten Körper sind sehr diskret und in wunderschönen Goldtönen gefilmt. Der Aussenraum kommt nur dazu, wenn die Frauen im nahen Weiher ins Wasser oder ins Eisloch tauchen. Vor allem sind es die Gespräche, die fesseln: Während der zwei Stunden wird die ganze Vielfalt von Themen, die Frauen durchs Leben begleiten, angesprochen. Schön, wieder einmal nicht Diversität, sondern Verwandtschaft zu spüren.Und: Das Odeon in Brugg macht ein cooles, resp. heisses Angebot: Vom 31.1. bis 4.2. steht im Garten eine mobile Sauna, jeweils von 17 bis 21 Uhr benutzbar!
«Die Anhörung», wurde ausgezeichnet mit dem Zürcher Filmpreis und dem Prix de Soleure. Sehr zu Recht. Lisa Gerwig ist es gelungen, uns teilnehmen zu lassen an vier Anhörungen von Asylbewerber:innen beim SEM. Natürlich sind diese nachgespielt, die Anhörungen sind nie öffentlich. Aber alle Teilnehmenden sind, was sie sind: Antragstellende aus Indien, Kamerun, Nigeria, Afghanistan. Und die Befragenden sind oder waren angestellt beim SEM und führen oder führten Befragungen durch. Mit dabei ist jeweils ein:e Dolmetscher:in, ein:e Delegierte eines Hilfswerks und jemand, der protokolliert. Manchmal tut es weh, bei den Gesprächen dabei zu sein, manchmal wird man wütend. Auch wenn es immer korrekt-schweizerisch verläuft. Richtig spannend ist dann der Rollentausch, wenn die Antragstellenden die Beamt:innen befragen – nach der Motivation für diesen Job, nach dem Umgang mit den Fragen zu oft traumatischen Erlebnissen der Flüchtlinge. Da sind die Antworten oft eher vage oder es gibt ein «das kann ich nicht beantworten» .Im Abspann dann die abschliessende Ernüchterung: Alle diese Gesuche wurden abgelehnt, zwei erhielten dann zweitinstanzlich das Aufenthaltsrecht als Flüchtlinge. Dringende Empfehlung, den Film anzusehen!