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Flechten von Barbara Schibli – ein beeindruckender, packender Erstling

Aktualisiert: 31. Dez. 2018

Über Flechten, diese meist unbekannten und für ungeübte Augen auch unscheinbaren Pflanzen lernen wir viel in diesem Buch. Wir lernen, dass Flechten botanisch nicht eindeutig einer Familie zugeordnet werden können, sondern eine Symbiose sind von Alge und Pilz.

Flechten sind also Doppelwesen, wie eineiige Zwillinge. Und das sind auch Anna und Leta, die Protagonistinnen. Anna ist die Ich-Erzählerin im Roman. Äusserlich sind sie sich so ähnlich, dass sie sich auf Kinderfotos selbst nicht unterscheiden können, nicht wissen, wer ich bin und wer du. Als junge Frauen haben sich ihre Wege radikal getrennt. Anna ist sozusagen ein Flechten Nerd geworden, arbeitet in der Forschung. Von Leta erfährt man eigentlich nur, dass sie fotografiert, seit sie 6-jährig ist. Damals schenkte ihr der Vater, der sich von der Familie absetzte, weil er gemerkt hat, dass er Männer mehr liebt als Frauen, eine Kamera. Leta fotografiert leidenschaftlich, immer. Und das zentrale Sujet über Jahre hinweg ist ihre Zwillingsschwester Anna. Anna wohnt in Zürich, Leta bleibt in Bever hängen, dem Engadiner Dorf, wo die beiden, 6-jährig, mit Ihrer Mutter stranden. Rückblenden führen uns in die Kindheit und zur Engadiner Grossmutter und es gibt, wie gesagt, ausführliche Abhandlungen über Flechten und dabei im Besonderen über die Flechtengattung Cladonia. Spannend, man staunt! Zwei Ereignisse stehen im Zentrum des Buches: Eine Ausstellung von Letas Fotos von Anna und Annas Reise nach Finnland, wo sie einen Professor, eine Flechten-Koryphäe, auf eine Exkursion begleiten kann. Eine aufwühlende Suche nach sich selbst!

Dörlemann Verlag 2017.




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